Die Provinz Zhejiang, wo der beste Grüntee in ganz China wächst, befindet sich im Südwesten Chinas an der Küste zum Ostchinesischen Meer. Mit ihren niedrigen, immer im Nebel liegenden Bergen und Hügeln, den Seen, in denen sich der Himmel spiegelt und deren Ufer von Weiden gesäumt sind sowie den traditionellen chinesischen Häusern, bezaubert diese Gegend durch eine märchenhafte Landschaft.
Die Einheimischen sind sehr stolz darauf, in dieser schönen Umgebung leben zu dürfen und verpassen keine Gelegenheit, sie ihren wächst und die ich besuche, bildet dabei keine Ausnahme. „Die Arbeit kann warten, wenn es so viele schöne Plätze Gästen zu zeigen. Der Besitzer der Teeplantage, auf der der wunderschöne Teekenner Tee zu besichtigen gibt.“ Dies war das Motto meiner ersten beiden Tage auf der Plantage. Der Westsee in Hangzhou und die Seen in der Umgebung, die Wochenmärkte und natürlich die Restaurants dort sind die Ziele unserer kleinen Touristengruppe, die aus mir, dem Teebauern und seiner Frau besteht.
Der Westsee in Hangzhou und die Märkte sind so bunt und farbenfroh wie die Bilder in meinem Reiseführer. Was aber sicherlich in keinem Reiseführer steht, ist der kleine See in einem Dorf bei Zhejiang mit seinen kleinen dreieckigen Inseln und der Tradition, die Taschen des Gastes mit Geschenken zu füllen, während man auf dem Wochenmarkt umher schlendert. So habe ich in meiner Tasche eine kleine Tüte mit dem wundervollen Silver Needles Tee entdeckt!
Noch mehr als die Landschaft, in der er lebt, liebt der Teebauer seine Plantagen. Sie wurden äußerst sorgfältig in die wunderschöne Landschaft integriert, um den Ertrag zu optimieren und um den Teepflückern die Arbeit zu erleichtern. Die Berge sehen aus wie Pyramiden, die nach dem Regen weiße Dampfwolken ausstoßen. Daneben stehen Hügel mit Teegärten, wo einer meiner Lieblingstees Tian Mu Qing Ding wächst, und Bambuswäldern. Die Farben des Tals changieren von smaragdgrün bis olivgrün. Ein Anblick, von dem man sich nicht abwenden kann. Hier wächst also der traumhafte Tee von Teekenner.
Irgendwo auf der Kuppe des Hügels mit den Tian Mu Qing Ding Teegärten steht ein zweistöckiges, weiß gestrichenes Haus. Dort lebt der Mann, der sich um die Plantage kümmert, zusammen mit seiner Familie. Er sorgt dafür, dass die Teegärten immer gepflegt aussehen und ertragreich sind. Heute treffe ich ihn zusammen mit dem Besitzer zu einem leckeren Abendessen.
Im Auftrag von Teekenner möchte ich nun mehr über den biologischen Anbau vom grünen Tee wissen. Wenn man über dieses Thema mehr lernen will, lässt es sich nicht vermeiden, mit schmutzigen Händen, Schuhen und Kleidern nach Hause zu kommen, denn wir kommen heute zum praktischen Teil meiner Reise: Eine Exkursion steht an.
Die hübschen Tian Mu Qing Ding Teesträucher sind heute mit Wassertropfen geschmückt, denn es hat stark geregnet. Auch wenn ich von Kopf bis Fuß mit Schlamm bedeckt sein werde, so bietet dieses Wetter eine hervorragende Möglichkeit zu erfahren, wie viel Leben in dieser Erde steckt und wie sorgfältig die Plantage gepflegt wird. Mit Gummistiefeln ausgerüstet geht es schließlich auf das Feld.
Nach dem starken Regen erwacht die Teeplantage zu neuem Leben. Jeder Tian Mu Qing Ding Teestrauch scheint alle seine Lebenskräfte neu zu sammeln. Regenwürmer kommen zum Vorschein, Spinnen sitzen in ihren Netzen und viele Insekten, nützlich und schädlich, beeilen sich zu Ende zu bringen, wobei sie der Regen so vehement unterbrochen hat. Im Hintergrund hört man das Brummen von kleinen braunen Käfern, die sich irgendwo in den Duftblütenbäumen versteckt halten. Diese Bäume blühen übrigens immer noch. Wunderschöne, weiße Blüten verleihen diesem immergrünen Berg eine romantische Atmosphäre.
Als Agrarwissenschaftlerin habe ich auf den Hügeln bei einem Gefälle von mehr als 45% erwartet, irgendeiner Form von Bodenerosion auf der Teeplantage zu begegnen. Glücklicherweise war das ein Irrtum. In Reihen parallel zum Anstieg und sehr dicht gepflanzt, halten die Teesträucher die Erde mit ihren Wurzeln fest. Die Bäume zwischen den Reihen und eine dicke Schicht Mulch (unterschiedliches Holz, Blätter, Gras und Unkraut) unterstützen den Halt. Außerdem wurden kleine Wälder und Bambushaine um die Plantage herum gepflanzt, sodass diese vor Wind und auch vor chemischen Partikeln, die der Wind herüber wehen könnte, geschützt ist.
Diese schöne und gepflegte Tian Mu Qing Ding Teeplantage kommt heute gut ohne meine Arbeit aus.
Jede Teesorte bestimmt ihren Teeverarbeitungsprozess. Obwohl es drei wesentliche Schritte bei der Teeverarbeitung gibt – das Verhindern der Fermentation, das Rollen der Teeblätter und die Trocknung bei niedrigen Temperaturen – sind die Anforderungen für diesen Prozess je nach Teesorte sehr unterschiedlich. Die Herstellung von Yin Zhen Tee (Silver Needles Tee), eine der zehn besten Teesorten aus China, dauert weniger als zehn Minuten, da dieser Tee nicht gerollt wird. Die Blätter des Tian Mu Qing Ding müssen auch vor Fermentation geschützt werden, allerdings werden sie in zwei Stufen erhitzt, bevor sie schließlich langsam bei niedriger Temperatur getrocknet werden. Die Zhejiang Teeverarbeitungsfabrik ist der perfekte Ort, um diese unterschiedlichen Produktionsverfahren zu beobachten, denn hier werden viele verschiedene Teesorten hergestellt.
Die Fabrik ist klein, aber dennoch geräumig genug, um eine große Anzahl an unterschiedlichen Teeverarbeitungsanlagen, Lagerräume (da habe ich den getrockneten Tian Mu Qing Ding entdeckt!) und ein großes Labor für die biologische Qualitätskontrolle unterbringen zu können. Es gibt kleine Produktionsmaschinen, die alle Verarbeitungsschritte für eine Teesorte durchführen können, z.B. für Yin Zhen Tee (Silver Needles). Und dann gibt es riesige Maschinenkonstruktionen, die gleich mehrere Etagen einnehmen, etwa für die Produktion des japanischen Sencha-Tees. Jeden Tag werden frische Teeblätter von verschiedenen Plantagen angeliefert.
Dank des bewährten Produktionsmanagementsystems kommt jedes Teeblatt schnell an den für ihn vorgesehenen Platz. Die Blätter, aus denen später Schwarztee oder Oolongtee wird, werden in den 2. Stock befördert, in die Abteilungen 1 und 2. Frisch geerntete Blätter für duftenden grünen Tee (z.B. Mao Jian oder Tian Mu Qing Ding) kommen in den 1. Stock. Weißer Tee Silver Needles wird zu den Verarbeitungsanlagen im östlichen Flügel der Fabrik befördert. Die Verarbeitungsschritte werden von den Angestellten, die von Mr. Ki, dem Cha Shifu, ausgebildet wurden, kontrolliert.
Mr. Ki kann 20 Jahre Erfahrung in der biologischen Teeherstellung und 30 Jahre Arbeit auf dieser Plantage vorweisen. Er kennt jedes kleinste Detail und alle möglichen Variationen bei der Herstellung fast aller chinesische Teesorten. Das erstaunliche an diesem Mann ist, dass er trotz seiner enormen Kenntnisse in diesem Bereich nicht müde wird, sein Wissen weiterhin zu vertiefen. Durch sein Fachwissen, seine Erfahrung und seinen freundlichen und offenen Charakter wird Mr. Ki von allen Mitarbeitern der Firma geschätzt und respektiert. Jeder Angestellte hört genau hin, wenn Mr. Ki Ratschläge erteilt und befolgt seine Teeverarbeitungsmethoden auf genaueste Weise.
Mit einem so hochqualifizierten und leidenschaftlichen Mitarbeiter braucht man sich keine Sorgen um die Qualität seines Tees machen, so JeZong. Der Besitzer der Teeplantage und Mr. Ki sind eher Partner als Arbeitgeber und Arbeitnehmer: Die Meinung von Mr. Ki wird immer berücksichtigt, wenn wichtige betriebliche Entscheidungen anstehen. Stolz erwähnen die beiden außerdem, dass ihr biologisch angebaute Tian Mu Qing Ding Tee mehrere internationale Preise gewonnen hat.
In Zhejiang ist die biologisch Herstellung vom grünen Tee nicht mit der Trocknung bei niedrigen Temperaturen getan: Hier wird der Tee außerdem sortiert, im Labor auf seine allgemeine und biologische Qualität hin untersucht und für Lagerung und Verkauf verpackt.
Jeder dieser Schritte wird von hierfür ausgebildeten Arbeitern durchgeführt. Sortiert wird direkt nach der Trocknung. Spezielle Maschinen sortieren den getrockneten Tee nach Gewicht, Größe und Farbe. Tian Mu Qing Ding zum Beispiel hat dunklere und hellere Blätter, die in zwei unterschiedliche Qualitätsstufen sortiert werden. Dafür gibt es eine Maschine mit Laser. Um größere Blättern zu sortieren, werden Apparate mit Netzen benutzt. Leichtere Blätter werden mit Blasluft von den schwereren getrennt. In China kann jedes Kind hochwertigen von minderwertigen Tee unterscheiden, allein nach optischen Kriterien. Das ist der Grund, warum hier so viel Wert darauf gelegt wird, den grünen Tee nach visuellen Merkmalen zu sortieren.
Das Labor, in dem unser Teekenner Tee untersucht wird, hat mich wirklich erstaunt. Dieser Raum mit den ganz in weiß gekleideten Menschen mit Anzügen, Masken, Schuhen und Handschuhen, die vielen Glaskolben und Röhrchen in ihren verschiedenen Vorrichtungen und ein Raum hinter Glas, den niemand betreten darf außer denen, die spezielle Anzüge tragen müssen, versetzt mich für einen Moment in eine andere Welt. Ist das alles notwendig, um grünen Tee zu untersuchen? Wenn man eine genaue Analyse durchführen möchte, auf jeden Fall. Von jeder Charge, die in der Teefabrik hergestellt wurde, wird eine Probe ins Labor gebracht. Diese wird auf verbotene Verunreinigungen untersucht sowie auf die entscheidenden Merkmale des Tees wie Feuchtigkeit, Farbe und Anzahl der Inhaltsstoffe (z.B. Koffein).
Aber warum braucht man so ein teures Labor, um den grünen Tee auf verbotene Inhaltsstoffe zu untersuchen, wenn man ihn doch selbst anbaut? Die Antwort ist einfach: Wenn man es mit einem großen, mehrstufigen Produktionssystem für Lebensmittel zu tun hat, ist es kostengünstiger, die Qualität des Endprodukts sichern zu können, als viel Geld für Marketingmaßnahmen wie Schadensbegrenzung und Imagepflege aufgrund fälschlicher Bio-Qualität, Verlust von Kunden oder Qualitätseinbußen zu bezahlen. Dies ist natürlich ein Geschäftsmodell, dass sich eher langfristig auszahlt. Gibt es überhaupt etwas, womit mich diese Menschen hier nicht überraschen können?
Obwohl auf der Plantage von JeZong mehrere Teesorten produziert werden, u.a.Tian Mu Qng Ding von Teekenner, es einige Plantagen gibt und die Firma eine vielschichtige Organisationsstruktur besitzt, wird jeder Bereich der Produktionskette vom Inhaber selbst überwacht. Er ist Experte in Sachen Teeanbau und -verarbeitung, in Buchhaltung und der Umsetzung biologischer Standards. Er entwirft die Gestaltung seiner Teegärten selbst und bildet neue Mitarbeiter aus. Den Teeanbau begann er vor ein paar Jahren als Hobby, doch mittlerweile ist daraus ein großes Unternehmen gewachsen.
Der organische Anbau war von Anfang an ein wichtiges Kennzeichen seiner Tees (deshalb steht vermutlich auch “biologisch-kontrolliert” bei ihm überall mit drei Ausrufezeichen!!!)
Was mir an diesem Unternehmen mit am Besten gefällt ist die Tatsache, dass hier so viele junge und gut ausgebildete Männer und Frauen beschäftigt sind. Alle Positionen, egal ob Buchhaltung, Verkauf, PR-Manager oder Assistenten im Qualitätsmanagement sind besetzt von ambitionierten, fleißigen Mitarbeitern, die gern bereit sind, Neues in ihrem Bereich kennenzulernen und umzusetzen. Zusammen mit erfahrenen Mitarbeitern schaffen sie so ein erfolgreiches Team, das sich ganz und gar der Herstellung von hochqualitativ hochwertigem, biologisch angebautem grünen Tee und dem Wachstum des Unternehmens verschrieben hat.
Diese komplexe Teeproduktion verblüfft durch die etablierte Reihenfolge der Prozesse. Vom ersten bis zum letzten Schritt der Produktionskette ist jede Person und jedes Dokument zeitgerecht am richtigen Platz, damit der Ablauf reibungslos funktionieren kann. Verkaufsleiter, Buchhalter und Assistent beginnen ihre Arbeit früh am Morgen und beenden sie nicht, bevor sie alle Aufgaben erledigt haben. Die Kunden haben alle Aufträge bekommen, die Rechnungen sind erfasst und alle Anfragen wurden beantwortet. Die Produktions- und Lagermanager gehen nicht nach Hause, ehe die Qualität des Tees nicht überprüft wurde. Andere Mitarbeiter sind jederzeit zu finden, denn sie sind immer an ihrem Arbeitsplatz, wenn es notwenig ist. So wie es eine Reihenfolge für den Zeitplan gibt, so gilt dies auch für Verantwortung.
Berufliche Leidenschaft und die Anerkennung der Leistung der Mitarbeiter wird durch die freundschaftliche und hilfsbereite Atmosphäre im Betrieb verstärkt. Kollegen unterstützen sich gegenseitig mit notwendigen Tipps und Informationen. Sie laden sich auch gegenseitig zum Abendessen und Teetrinken ein. Die Kombination von “deutscher Arbeitsweise” und “asiatischer Freundlichkeit” ist überhaupt nicht ermüdend, im Gegenteil, ich freue mich schon am Abend voller Energie auf den nächsten Tag in der Fabrik und ... auf grünen Tee!