Der Besuch ins Wuyi Gebirge ist jedes Jahr ein ganz besonderes Ereignis, nicht nur auf Grund des herzhaften Shui Xian Felsentees und der eindrücklichen Landschaft (UNESCO), sondern wegen meiner Gastfamilie, bei der ich seit nun vier Jahren freudestrahlend aufgenommen werde. Es ist bereits späterer Abend, entgegen des chinaweit üblichen 6 Uhr Abendessens, warten alle auf mich mit dem gemeinsamen Essen. Verwundert bemerke ich, dass heute neben dem Gastfamilienvater ein weiterer gleichalter Herr sitzt. Die Tochter hat nun geheiratet und mit ihrem Schwiegervater trinke ich sogleich eine Tasse Shui Xian Oolong Tee aus dem eigenen Garten.
Nach einer kurzen aber erholsamen Nacht, mache ich mich auf in die Teegärten, die meist auf Sandsteinfelsen oder zwischen jenen in Schluchten liegen. Glücklicherweise hat es heute keine 30 Grad und schnell komme ich abseits der künstlich angelegten Touristenwegen auf den kleinen Pfaden der Teepflücker ans Ziel. Es überrascht mich jedes Jahr aufs Neue wie ruhig und einsam das Wuyi Gebirge trotz seiner Millionen Besucher sein kann, auch während der Maifeiertage, die in China als Haupturlaubstage gelten.
Vorbei an teils geernteten Oolong-Teegärten, neben dem sanften Rauschen eines kleinen Bach höre ich erste Teepflueckerinnen laut schwatzend bei der Ernte. Als sie mich sehen verstummt die Situation und verdutzte Blicke kommen mir entgegen. Ein Tourist, ein ausländischer noch dazu, allein durchs Wuyi Gebirge, dass kommt nicht alle Tage vor, erzählen sie mir, ich bins gewohnt. Ich bitte um Erlaubnis ein paar Bilder zu machen „Bu kan, bu kan – nicht huebsch“ verstehe ich.
Während eines kurzen Abstiegs, lerne ich was es mit Arbeitsteilung auf sich hat. Mann überlässt der Frau das Pfücken und übernimmt selbst den körperlich anstrengenderen und nicht ungefährlichen Transport der Ernte ins Dorf vor. Bei einer späteren Begegnung konnte ich den Teetransport einfangen.
Mittlerweile habe ich die Touristenroute gequeert und bin auf einem Hochplateau angekommen. Ein einmaliges Panorama tut sich auf, ich verweile ein wenig und treffe eine kleine Gruppe Pflückerinnen. Ich erfahre, dass ihre Kinder lieber in der Stadt arbeiten wollen. Das kann ich bei gegebener Landschaft nicht wirklich verstehen.
Am Abend habe ich dann noch die kleine Teefabrik besucht, bei der Teekenner seinen Tee bezieht. Dies und welche Teesorten im Detail hier im Wuyi Gebirge angebaut werden, berichte ich im nächsten Teil vom Felsentee aus dem Wuyi Gebirge.
Wir wünschen genussvolles Teetrinken!
Michael Ellenrieder